wüst und leer
by Josephine Horvath
An animated short film exploring the limits of togetherness and the representability of emotion.
Wie lebt der Mensch, fragt er sich – was ihn vom Bestiarium unterscheidet – wenn er als das vernunftbegabte Wesen in ein Diorama blickt.
Mit meiner Arbeit an dem Animationsfilm »wüst und leer« werfe ich einen Blick in diesen Schaukasten. Ausgangspunkt war das Nachdenken über die eigene Wut, und woher sie kommt. Es führte mich zu der immer stärker empfundenen Wahrnehmung einer wütenden Gesellschaft gespaltener Meinungen, zunehmend unverrückbarer Perspektiven und das Fehlen von Annäherung. Selbstbewusst und gut informiert, richtet sich unsere begrenzte Aufnahmefähigkeit ausschließlich auf Einstellungen, die wir auch teilen. Wir – die Gesellschaft – Demokratie haben Geduld mit Populismus, Hate Speech, Gewalt – die Ausübung individueller Selbstermächtigung.
Meine filmische Auseinandersetzung geht diesem Zorn nach und untersucht die beiden historischen Werke Die sieben Todsünden von Hieronymus Bosch und Sieben Laster: Ira (Zorn) von Pieter Brueghel auf seine Motive und die Grenzen des Miteinanders. In Die sieben Todsünden werden diese Grenzen in besonderer Weise inszeniert: Wände, Säulen, Türen und Fenster grenzen sieben im Rund angeordnete Szenarien voneinander ab. Die so entstandenen Bühnen zeigen die Hürden und das Scheitern eines toleranz- und kompromissfähigen Zusammenlebens – ein runder, umgeworfener Tisch – eine umgeworfene symbolische Sitzordnung, die keiner Hierarchie bedarf, über das singuläre Selbst(-verständliche) hinwegsieht, zu Gunsten der Annäherung. Nein, jeder ist sich selbst der nächste. Dieses Selbstverständnis führt Pieter Brueghel in einer weiteren Darstellung des Zorns in einer absurden Gleichzeitigkeit vor. In seinem Werk Sieben Laster: Ira (Zorn) herrscht das Chaos. Im völligen Durcheinander scheint jedes Detail an seinem natürlichen Platz: Der Fisch hängt im Baum.
Während beide Darstellungen des Zorns die Kluft mit Gewalt und Chaos füllen, möchte ich sie wörtlich nehmen und ihr den Raum überlassen. Die Arbeit »wüst und leer« zeigt nicht zerstörerisches Moment, aber einen unruhigen und instabilen Raum, dessen Innen- und Außengrenzen vage bleiben und die Frage nach der Perspektive stellt.
Über die Künstlerin
Josephine Horvath studierte im Anschluss an ihre Fotografieausbildung Medienwissenschaft an der Bauhaus-Universität Weimar. Mit dem MA Europäische Medienwissenschaft setzt sie ihr Studium an der Universität Potsdam fort.